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21.10.

Die zweite von nur zwei Aufführungen von BABEL,N. SCHRAMMELOPER im Kunsthaus Mürz, einer Paraphrase zu Aufstieg und Fall des biblischen Babylon von Ferdinand Schmatz. In der Inszenierung von Lucas Cejpek treten zwei „Sängel“, dargestellt von Brigitta Furgler und Julia von Sell, als Mischwesen zwischen Sänger und Engel in eine rhythmische und melodiöse Wechselrede mit dem Autor Schmatz, durch die nicht weniger als jene sprachliche Disparatheit infolge der Anmaßung des Turmbaues dargestellt wird. Grandios und die Inszenierung tragend ist die musikalische Bearbeitung von Walther Soyka, der live mit Harmonika und Synthesizer ein Arrangement von Schrammeln und Dudeln in Variationen überspielt. Die Inszenierung hätte auf jeden Fall mehr Zuseher verdient.

 


 

derStandard.at | Kultur | Bühne | Steirischer Herbst

24. Oktober 2004 18:56
Apokalypse mit Akkordeon
"Babel,n" beim steirischen herbst uraufgeführt

Mürzzuschlag - Die "Offenbarung" des Johannes, die in der Bibel die Welt mit üppigen und düsteren Bildern enden lässt, inspirierte über die Jahrtausende Künstler aller Sparten. Der Wiener Dichter Ferdinand Schmatz bearbeitete diesen und andere Teile der Heiligen Schrift in seinem 1999 erschienen Gedichtband das grosse babel,n. Jener Teil über die Apokalypse wurde als "Schrammmeloper" vergangene Woche für zwei Abende im Kunsthaus von Mürzzuschlag auf die Bühne gestellt.

Wiener Heurigenmusik samt vereinzelten Jodlern aus Konserve stimmten die Besucher auf den jüngsten Tag ein. Der Akkordeonist Walther Soyka sorgte für den - zwischen den Atemzügen seines Instruments - elektronischen Soundteppich, auf dem der Autor selbst in einen gelesenen Dialog mit den Schauspielerinnen Brigitta Furgler und Julia von Sell tritt. "Sängel" heißen die Mischwesen zwischen Engeln und Sängern, denen Furgler und Sell, an kleinen Stehpulten positioniert, ihre Stimmen liehen.

Hinter den vier Künstlern prangt ein Bühnenbild der ortsansässigen Arnold Schönberg Kunstschule, dass Assoziationen zu einer avantgardistischen Dunstabzugshaube weckt und zum Grübeln verführt. Traf hier jemand Vorbereitungen für den Weltenbrand? Oder war der Turm von Babel in Wahrheit ein Metallener Tunnel, in dem sich die Sprachen vielstimmig verloren?

Der kraftvolle musikalische Text von Schmatz und Soykas Variationen zu traditioneller Schrammelmusik sind alles andere als langweilig, trotzdem: Wer sich von einer Oper etwas mehr erwartete als eine szenische Lesung mit Musik und ein paar Lichteffekten, wurde von Regisseur Lucas Cejpek enttäuscht.

(cms/DER STANDARD, Printausgabe, 25.10.2004)

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